Lernen in exklusiv-individuellen Lernsituationen

In exklusiv-individuellen Lernsituationen wird ein hohes Maß an Individualisierung ermöglicht. Auf der einen Seite kann im Rahmen einer äußeren Differenzierung ein Lernen an verschiedenen Gegenständen, indem durch gezielte Fördermaßnahmen beispielsweise einzelne Lernende Lücken bei grundlegenden Inhalten aufarbeiten oder leistungsstärkere Schülerinnen und Schüler durch herausfordernde Aufgaben speziell gefördert werden. Das bedeutet, dass nicht jeder bzw. jede Lernende der Klasse individuelle Inhalte bearbeitet, stattdessen beziehen sich die exklusiv-individuellen Lernsituationen gezielt auf einzelne Kinder und Jugendliche. In dem Fall entsteht ebenfalls eine große fachliche Vielfalt mathematischer Themen und Inhalte, die jedoch exklusiv-individuell vermittelt werden, während der andere Teil der Lerngruppe parallel an gleichen oder verschiedenen fundamentalen Ideen arbeitet (vgl. Abb.). Eine fachliche Gemeinsamkeit der gesamten Lerngruppe ist durch die räumliche Trennung ausgeschlossen.

Auf der anderen Seite können in exklusiv-individuellen Lernsituationen spezifische therapeutische und/oder (sonder-)pädagogische Unterstützungsmaßnahmen (beispielsweise das Erlernen der Braille-Schrift) angeboten werden, die sich nicht an den fundamentalen Ideen orientieren. Dementsprechend können für exklusiv-individuelle Lernsituationen Gegenstände unterschieden werden, die sich entweder auf fundamentale Ideen beziehen oder auf spezielle individuelle Inhalte, die nicht für alle Lernenden einer Lerngruppe bedeutsam sind. Dabei erhalten die Lernenden eine speziell auf ihre individuellen Bedürfnisse zugeschnittene Förderung.

Exklusiv-individuelle Lernsituationen sind oftmals notwendig und sinnvoll, um einzelne Schülerinnen und Schüler gezielt zu fördern und haben damit ihre Berechtigung im inklusiven Unterricht, allerdings sollte diese Lernsituation nicht das Unterrichtsgeschehen dominieren. Zudem sollten exklusiv-individuelle Lernsituationen nicht ausschließlich auf Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf beschränkt sein, sondern sollten sich auf alle Lernenden gleichermaßen beziehen.

Durch eine Orientierung an den fundamentalen Ideen zur Auswahl geeigneter Gegenstände wird deutlich, dass der Gegenstand nicht wortwörtlich genommen werden kann, er also nichts Gegenständliches ist. Der Begriff bezieht sich auf die fundamentalen Ideen, die verfolgt werden sowie auf die Erkenntnisse und Zusammenhänge des mathematischen Inhaltes, die die Schülerinnen und Schüler erkunden sollen. Diese Idee kann aus einem für alle Schülerinnen und Schülern gemeinsamen strukturellen Kern bestehen (gemeinsamer Gegenstand), sich auf mehrere Aspekte der fundamentalen Idee (entlang einer gemeinsamen Idee) oder auf verschiedene Ideen (verschiedene Gegenstände) beziehen.

Zudem lassen sich anhand der Konkretisierungen zwei Spannungsfelder identifizieren. So bewegt sich ein inklusiver Mathematikunterricht in der Spannung (1) zwischen Individualisierung und Gemeinsamkeit als auch (2) hinsichtlich einer Vielfalt unterschiedlicher Inhalte und Themen auf der einen und einer Fokussierung auf eine gemeinsame Idee zur Ermöglichung von Kooperation auf der anderen Seite.