Differenzierung

Der Begriff der Differenzierung ist in der Unterrichtsplanung und -durchführung mittlerweile allgegenwärtig. Verschiedene Faktoren machen es unabdingbar, auf die heterogene SchülerInnenschaft einzugehen – so auch im Mathematikunterricht.

Die SchülerInnen unterscheiden sich etwa im Grad der Neugier und Motivation dem Fachinhalt gegenüber, der Ausdauer und kognitiven Leistungsfähigkeit, in körperlichen oder geistigen Beeinträchtigungen, Geschlecht, Ethnie oder anderen Merkmalen (vgl. Krauthausen und Scherer, 2014).

Im Folgenden werden verschiedene Arten der Differenzierung kurz vorgestellt und erläutert, die einen Umgang mit den heterogenen Lernvoraussetzungen der SchülerInnen ermöglichen. Dabei gehen wir auf die äußere, die innere und die natürliche Differenzierung als Spezialform der inneren Differenzierung ein.

Warum Differenzierung?

In Ansätzen wurde auf diese Frage schon eingegangen: die Menschen sind unterschiedlich, also auch unsere SchülerInnen. Um diese Unterschiede zu respektieren und der heterogenen Lerngruppe die bestmöglichen Lernergebnisse zu ermöglichen, ist die Differenzierung der Unterrichtsinhalte unabdingbar.

Ein kleines, aber dennoch effektives Beispiel ist die farbliche Gestaltung unserer Website. Dort haben wir eine barrierefreie Farbpalette gewählt, die etwa für Menschen mit einer Sehbeeinträchtigung hilfreich ist. Außerdem haben wir uns bei der gendersensiblen Gestaltung unserer Texte so orientiert, dass Menschen mit unterstützter Kommunikation die Texte von Talkern vorlesen lassen können. Hierbei sind Unterscheidungen mit etwa „*“, „:“ oder „_“ hinderlich, da die Talker aktuell meist noch nicht so programmiert sind, dass auf diese Weise getrennte Worte lückenlos vorgelesen werden können. In unseren Texten möchten wir gerne trotzdem gendern und nicht auf das generische Maskulinum zurückgreifen und werden bspw. „SchülerInnen“ schreiben. Wenn sich Talker anders programmieren lassen, werden wir die Gestaltung unserer Texte anpassen. Wir hoffen, dass sich alle Menschen (egal welchen Geschlechts) so angesprochen fühlen.
Im Unterricht kann auf diese und weitere Aspekte eingegangen werden. Beispielsweise gibt es Mikrofone und weitere Hörunterstützungen für Menschen mit Hörbeeinträchtigungen.

Differenzierung kann auf einzelne SchülerInnen oder die gesamte Lerngruppe ausgerichtet sein. So oder so ist sie in jeder Lerngruppe nötig und auf verschiedene Arten und Weisen durchführbar. Die Frage lautet also nicht: „Warum Differenzierung?“, sondern „Wie Differenzierung?“. Einige Ideen und Ansätze für die gesamte Lerngruppe werden im Folgenden vorgestellt.

Bild als Inspiration, so eine ähnliche Darstellung wäre cool mit verschiedenen Kindern.

https://www.klett.de/alias/1000058

Arten der Differenzierung:

Unter der äußeren Differenzierung wird in der Regel eine (dauerhafte) Maßnahme verstanden, in der innerhalb einer Lerngruppe die größtmögliche Homogenität hergestellt werden soll. Hier sollen die SchülerInnen dem Unterricht angepasst werden.
Die Lerngruppen werden dabei nach bestimmten Kriterien gebildet. Diese Art der Differenzierung kann kurzfristig oder langfristig erfolgen.
Beispiele hierfür sind der Übergang in unterschiedliche Schulformen der weiterführenden Schulen oder die interessengebundene Einteilung in Gruppen für ein Schulprojekt.
Wichtig ist aber, dass vermeintlich homogen gebildete Lerngruppen immer noch aus SchülerInnen bestehen, die mit ihren ganz individuellen Voraussetzungen in den Unterricht kommen. Die perfekte homogen gebildete Gruppe, die alle Aspekte der menschlichen Individualität berücksichtigt, ist Fiktion.

Bei der inneren Differenzierung wird der heterogen zusammengesetzte Klassenverband erhalten und in diesem werden verschiedene Lernwege angeboten (vgl. Krauthausen und Scherer, 2014). Der Unterricht wird damit den SchülerInnen angepasst (vgl. Büchter und Leuders, 2005). Dabei kann der Unterricht nicht komplett individualisiert stattfinden, denn eine „passgenaue Ausrichtung setzt eine perfekte Diagnose durch die Lehrkraft voraus“ (Büchter und Leuders, 2005). Stattdessen wird die Vielfalt in der Lerngruppe zugelassen und wertgeschätzt, der optimale Lernerfolg für jeden/jede SchülerIn steht im Fokus (vgl. Leuders und Prediger, 2017, Paradies und Linser, 2005). Es gibt vielfältige Möglichkeiten, die SchülerInnen zu unterstützen und ihnen Lernangebote zu ermöglichen, die auf ihre ganz eigenen Bedürfnisse eingehen. Dabei kann die innere Differenzierung in quantitative und qualitative Angebote untergliedert werden. Dies bietet eine Möglichkeit zur Sortierung der Differenzierungsformen.

Die natürliche Differenzierung gilt als besondere Form der inneren Differenzierung. Hier gibt es ein Lernangebot, etwa in Form von offenen Aufgaben und Lernumgebungen, für alle SchülerInnen. In diesem Lernangebot gibt es Aufgaben mit einer gewissen Komplexität und Fragestellungen mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden (vgl. Moser-Opitz, 2010). Das Niveau, der Lösungsweg, die Darstellungsformen und die Wahl der Hilfsmittel werden dabei von den SchülerInnen selbst ausgewählt. Die Rolle des sozialen Lernens ist hier besonders wichtig, weil die SchülerInnen voneinander lernen können. Die SchülerInnen differenzieren sich also weitestgehend selbst im Rahmen der vorgegebenen Aufgabe. Jeder/jede SchülerIn kann dabei seinen/ihren Bedürfnissen nachgehen und den für sich passenden Lernweg verfolgen. Die Lehrkraft bekommt dadurch die Möglichkeit, das Lern- und Arbeitsverhalten der SchülerInnen und die langfristige Entwicklung zu beobachten. Fragen, die hier geklärt werden könnten, sind etwa:

  • Präferiert der/die SchülerIn eine bestimmte Methode zur Bearbeitung der Aufgaben?
  • Neigt der/die SchülerIn dazu, sich schnell / langsam / gar keine Hilfsangebote zu holen?
  • Entwickelt sich das Arbeitsverhalten des/der SchülerIn im Verlaufe mehrerer Stunden in eine bestimmte Richtung?
  • Zeigt das Kind besondere Fähigkeiten?

In der untenstehenden Übersicht werden verschiedene Arten der Differenzierung dargestellt:

  • Differenzierung
    • Äußere Differenzierung
    • Innere Differenzierung
      • Quantitative Differenzierung
        • Diff. Nach stofflichem Umfang
        • Diff. Nach Lerntempo
        • Diff. Nach zeitlichem Umfang
      • Qualitative Differenzierung
        • Diff. Nach Arbeitsweisen
        • Diff. Nach Schwierigkeitsgraden
        • Diff. Aus methodischen Gründen
        • Diff. Auch sachlichen Gründen
        • Diff. Aus sozialen Motiven
    • Natürliche Differenzierung
      • Diff nach untersch. Lösungen

Im Folgenden werden beispielhaft die Differenzierung nach Lerntempo und die Differenzierung aus sozialen Motiven erläutert.

Die Differenzierung nach Lerntempo wird der quantitativen Differenzierung zugeordnet. Dabei bekommen die SchülerInnen unterschiedliche Zeiträume zum Bearbeiten der gleichen Aufgabe. Auch zieldifferentes Unterrichten ist dabei gut umsetzbar, da der Unterrichtsablauf und die Phasenwechsel nicht so starr vorgegeben sind wie in einer „regulären“ Unterrichtsstunde. Die Lehrkraft füllt die Lücken, die durch die unterschiedlichen Bearbeitungszeiten entstehen, indem inhaltlich weiterführende / Alternativaufgaben angeboten werden. Die thematische Substanz wird von allen SchülerInnen bearbeitet und im Anschluss gesichert (Nähe zur Elementarisierung).

Die Differenzierung aus sozialen Motiven gilt hingegen als eine qualitative Differenzierungsform. Das soziale Lernen ist hier (ähnlich wie bei der natürlichen Differenzierung) von großer Bedeutung: Der Unterricht erfolgt in bestimmten Sozialformen, die für die jeweilige Lerngruppe passend erscheinen. Die Aufgaben können beispielsweise in PartnerInnen- oder Gruppenarbeit oder im Zuge eines HelferInnensystems bearbeitet werden. So können schwächere Lernende ein Hilfsangebot aus der Lerngruppe erhalten, stärkere Lernende können ihr Wissen durch eine geeignete Erklärung vermitteln oder thematisch tiefgreifendere Aufgaben bearbeiten, die für den späteren Unterricht produktiv genutzt werden können. Durch das sozial organisierte Lernen hat die Lehrkraft die Möglichkeit, einzelne SchülerInnen oder Gruppen im sozialen und inhaltlichen Lernen zu begleiten und zu unterstützen.